An der maßvollen Dekonstruktion von Soul versuchten sich über die Jahrzehnte schon so einige – von Prince über D'Angelo bis Jai Paul. Resultat waren fast immer bahnbrechende Alben, die nicht nur das Genre und seine produktionstechnischen Möglichkeiten erweiterten, sondern auch in andere Stilrichtungen ausstrahlten. Sean Nelson bewegt sich als Ruthven in eben dieser Tradition und kreiert Songs voll grandios ausstaffierter Gitarrenlinien, die mit säuselnden Synthesizern ebenso flirten wie mit seinem vielfältigen und doch unaufgeregten Gesang. Alternative, R’n‘B und Synth-Funk, zeitgenössischer Soul und Yacht Rock Marke Steely Dan, lustvolle Jams und durchdachte Instrumentierung stehen bei dem Londoner gleichberechtigt nebeneinander. Zeitweise als Feuerwehrmann tätig und zwischen Notrufen Songs schreibend, ist ihm der Balance-Akt zwischen guten Ideen in der Rohfassung und einem sorgsamen Selektionsprozess hinterher vollends bewusst. Auch deshalb begeistert sein Debüt „Rough & Ready“ (2024) letztes Jahr die britischen Feuilletons und bietet mehr als genug Material für einen grandiosen Gig bei uns in Hamburg.